21 Mai 2016

Areon von Lars Neger



Das Buch beginnt mit einer Hetzjagd. Die Jagd wird aus Sicht des Gejagten geschildert, so dass man die Angst, Verzweiflung  und Wut des Opfers  förmlich selbst zu erleiden meint. Fünf Saers folgen der Hatz gegen einen einzigen Mann.  Eines Mannes, den man Verräter, Eidbrecher und Mörder nennt: Ayrik Areon.

Ayrik kann zwar gegen Verfolger bestehen, er wird jedoch schwer verletzt. Der letzte überlebende Ritter, Saer Mikael Winbow, nimmt den Eidbrecher gefangen, pflegt ihn gesund, um ihn anschließend seinem Orden zu übergeben, wo über Ayrik gerichtet werden soll. Doch niemand kennt die genaue Geschichte des legendären Verbrechers, der gegenüber der Krone und Gott zum Verräter wurde. 


Beide Männer gehen einen Pakt ein, um die Reise zum Ordenshaus, das hunderte von Meilen entfernt liegt, zu überstehen. Ayrik verspricht, nicht zu fliehen, wenn Sear Winbow sich seine Lebensgeschichte anhört. Am Ende der Reise soll der Ritter entscheiden, ob der Krieger wahrhaftig den Tod verdient hat. Es wird die Geschichte eines alternden, desillusionierten Mannes, der ein wahrhaftig abenteuerliches Leben geführt hat.

Areon wächst in der abgelegenen Ortschaft Dynfaert auf. Als Sohn des Than durchlebt er eine relativ sorglose Kindheit, die im Alter von zehn Jahren plötzlich endet, als sein Vater und der Druide des Dorfes entscheiden, den Jungen zu einem Krieger der vergessenen Götter auszubilden. Da der Umgang mit dem Schwert ausschließlich dem Adel vorbehalten ist, muss Areons Ausbildung im Geheimen erfolgen. Elf Jahre dauert diese Ausbildung, unter der Knute eines grausamen und erbarmungslosen Lehrmeisters, der für den Jungen nichts als Verachtung und Strafe übrig hat. Sie raubt  Areon die Kindheit und erweckt in ihm einen tiefen Hass auf seinen Lehrer. Durch die Aufmerksamkeit, die ihm zuteilwird, hält sich der Sohn des Than bald für etwas besonderes. Er wächst zu einem eitlen Angeber heran und bald verweigert er seinem Vater den Gehorsam und missachtet die Regeln des Zusammenlebens in der Dorfgemeinschaft .

Kommentar:

Zu Beginn der Geschichte wirkt Ayrik Areon alles andere als symphytisch. Er ist ein unreifer, verwöhnter, arroganter junger Mann, ein Maulheld und Säufer. Er hält sich für etwas besseres, einen auserwählen und begnadeten Krieger.  Doch er hat seinen Wert noch nie unter Beweis stellen müssen. Er muss lernen, dass ein Schwert noch keinen Krieger ausmacht und das dessen Handhabung noch lange kein Beleg  für Tapferkeit ist. Das Schwert bringt kein Brot auf den Tisch, warum soll also ein Krieger mehr wert sein, als ein Bauer? Als er seinem Vater und dem Druiden den Gehorsam verweigert und beginnt, das verbotene Schwert öffentlich zu tragen, wird er aus der Dorfgemeinschaft verstoßen.  

In der Erzählung reflektiert der alternde Krieger sein Leben sehr ironisch. Im Nachhinein erkennt er seine Schwächen und Fehler als solche und macht sich über sich selber lustig. Nachdem er von seinem Vater verstoßen wird, rettet ihm die Begegnung mit Reagan das Leben. Der Einsiedler holt den jungen Mann auf den Boden der Tatsachen zurück und konfrontiert ihn mit den Realitäten des Lebens. Reagan ruht in sich selbst, er ist ein schweigsamer und ruhiger Mann, welcher dem Sohn des Than die Kunst des Überlebens in der Wildnis lehrt. Er ist jemand, der sich die Natur zum Freund gemacht hat und ihre Schätze zu nutzen weiß.

Es ist dem Erzähler anzumerken, dass es ihm nicht leicht fällt, in die Vergangenheit zurück zu kehren und alle seine Entscheidungen erneut zu durchleben, die ihn an diesen Punkt geführt haben. Die Einsamkeit, den Schmerz, all seine Wut auf den Druiden, den Verlust geliebter Menschen.  Er ist gereift, doch Einsicht , Reife und Reue können nicht rückgängig machen, was passiert ist. Somit ist diese Geschichte auch eine Art Beichte und der junge Ordensbruder tritt an die Stelle des Beichtvaters. Obwohl  der ältere Mann den Glauben Saer Mikaels verachtet, erkennt er an,  dass der junge Mann nach den Regeln des Ordens lebt und ein gut und ehrlich ist.

Ayriks erstes Zusammentreffen mit den Saers verläuft nicht gut. Durch die Ich Perspektive kann man gut verstehen, wie arrogant ihm diese ausgewählten Krieger erscheinen müssen. Hervorgehoben durch ihre Abstammung, von Adel, ohne sich beweisen zu müssen. Während sein Leben erfüllt von den  Pflichten gegenüber seiner Sippe und dem Druiden war. Die Jagd, um für Nahrung zu sorgen, die Wache, um die Seinen zu beschützen, die Ausbildung, eine Prophezeiung zu erfüllen, an die er nicht mehr glaubt. Die Kluft zwischen ihm und den Sears ist unüberbrückbar. Und je mehr er mit ihnen zu schaffen hat, desto mehr erkennt er, dass die eigentlichen Grundsätze des Rittertums schon lange nicht mehr gelebt werden.  Machstreben, Intrigen und Dekadenz durchziehen die Ritterschaft, es ist ein Spiel um Einfluss und Vermögen geworden, mehr ist nicht geblieben, die Ideale der Orden wurden schon lange verraten. Ayrik führt eine derbe und unverfälschte Sprache, geprägt von einem harten Leben. Die blumige Rede der Saers liegt ihm nicht, er ist spricht offen, direkt und gerade heraus. Hier lässt sich der Unterschied zwischen höfischem Adel und hartem Überlebenskampf am besten verdeutlichen.

Obwohl es sich um einen Fantasyroman handelt, bekommt man als Leser durchaus das Gefühl, dass die Geschichte im Mittelalter spielt, es  finden sich viele Elemente eines Ritterromans hier wieder. Die Welt steht allerdings unter der Herrschaft einer Frau, einer direkten Nachkommin des verbrannten Gottes.  Der Norden ist eine karge, raue Landschaft, geprägt von harten Wintern und großer Armut. Dies beeinflusst  das Wesen der Menschen.  Der Süden lebt im Überfluss, ist dekadent und weiß sich die Reste einer ehemaligen, hoch entwickelten Zivilisation zu Nutze zu machen. Auf den Krieger machen die Menschen einen verweichlichten Eindruck, die höfischen Gepflogenheiten sind ihm fremd, seine Instinkte greifen hier nicht mehr.

Das ein solch ein Roman in Form einer Biografie verfasst wird, ist ein brillante Idee des Autors, der hier ein unglaubliches Debut vorlegt. Leider lässt der Folgeband lange auf sich warten, was einige Leser sicher verprellen wird. Der erste Band umfasst etwas mehr als die ersten zwanzig Lebensjahre  des Protagonisten. Da Ayrik Areon mittlerweile jenseits der dreißig  ist, wird er sicherlich noch viel zu erzählen haben

Der Autor bedankt sich bei Thomas Kuhn für ein stimmungsvolles Cover ohne halbnackten Barbaren. dem kann ich nur zustimmen. Das Cover zeigt die dunkle Wacht und die dunklen Wälder im Schnee. Ein eindrucksvolles Bild, dass uns die harte und kompromisslose Welt vermittelt, in der Ayrik aufgewachsen ist.  Lars Neger hat zu Beginn ein Personenregister beigefügt, leider fehlt eine Karte der Länder, um das Buch perfekt zu machen.

Fazit:

Ein wahrhaft gelungenes Debut, spannend und unterhaltsam.  Die Erzählform macht dieses Buch zu etwas besonderem, allerdings ist die Wartezeit auf den Folgeband definitiv zu lang. 
Titel: Areon
Reihe: Will noch eine werden, wenn Lars Neger mal zu Potte kommt
Autor: Lars Neger
Cover: Thomas Kuhn 
Verlag: Ammianus, TB 376 Seiten
ISBN: 9783981228588
7 von 10 Sternen

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